Bristol 2023

Wer sich für Street Art interessiert und Banksy gut findet, kommt nicht an Bristol vorbei. So war es zumindest bei mir. Ein paar Tage in dieser interessanten Stadt zu verweilen hat vieles für sich.

Banksy

„The Girl With The Pierced Eardrum“

Am Hanover Place wurden wir fündig. Eines der wenigen Stencils von Banksy liegt etwas versteckt und ist nicht frei zugänglich. „The Girl With The Pierced Eardrum“. Das Bild geht auf das berühmte Gemälde „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ von Jan Vermeer zurück. Bei Banksy ist es allerdings kein Perlenohrring, sondern ein Sicherheitsalarm. In der Corona-Zeit wurde ihr von Unbekannten sogar eine Maske gemalt. Vielleicht war es auch Banksy selbst. Weitere Originale fand ich im Sommer 2018 in Paris und in London.

Unweit des Banksy-Mädchens hat John D´Oh sich einen Spaß erlaubt. Viele Grüße an Rowan Atkinson!

‚Well Hung Lover‘

Hier hängt der Liebhaber aus dem Fenster eines Paares. 2006 schuf Banksy hier, im Zentrum der Stadt und genau gegenüber des Rathauses das erste Mural, das jemand Nacktes darstellte und im Nachhinein für legal erklärt wurde. Legal wurde es durch einen Volksentscheid, den die Stadtverordneten ins Leben riefen und die Mehrheit der Bevölkerung war dafür das Bild unverändert dort zu lassen. Entstanden ist es am helllichten Tag. Banksy hat ein mit Planen verhängtes Baugerüst aufstellen lassen, hat dann mit Seelenruhe gemalt und als er fertig war, ließ er das Gerüst entfernen. Da war das Erstaunen in der Stadt groß. Die blauen Farbkleckse stammen aus Paintballpistolen in späteren Jahren. Banksy habe sich wohlwollend einem lokalen Fußballverein gegenüber geäußert und die Fans des anderen ortsansässigen Vereins, deren Vereinsfarbe u.a. blau ist, sollen ihm das übel genommen haben. Das Mural wurde mehrere Male restauriert und ist heute eine der Hauptattraktionen der Stadt.

„The Mild Mild West“

Diese Arbeit stammt aus dem Jahr 1998. Es stellt einen Teddy dar, der einen Molotov Cocktail auf Polizisten im Einsatz wirft. Die Geschichte dahinter: in den 90 Jahren gab es in Bristol in den umliegenden leerstehenden Lagerhäusern eine Menge illegaler Rave´s und Partys. In der Silvesternacht 1997/98 soll in der Winterstoke Road eine dieser Partys von der Bereitschaftspolizei angegriffen worden sein. Das Bild erfreut sich bei der Bevölkerung großer Beliebtheit, denn es erinnert daran, dass Widerstand gegen die Staatsgewalt und den Kommerz möglich ist. Auch dieses Mural wurde mehrfach übermalt und restauriert und löst bis heute Debatten aus. Die Gemeinde hat sich gegen einen Glasschutz ausgesprochen, weil dies die Sicht von der Straße aus unmöglich gemacht hätte. Das Problem kennen alle, die diese „geschützten“ Kunstwerke schon mal gesehen haben. Die Spiegelung verhindert die Sicht.

„Grim Reaper“

Banksy´s „Grim Reaper“ ist im M Shed, einem städtischen Museum dokumentiert. Dort sind Fotos und Berichte zu dem Stencil zu sehen, das Banksy auf die Seite der „Thekla“, einem Schiff, das im Bristoler Hafen liegt, gesprüht hat. Ein Foto vom Foto spare ich mir hier.

Das war´s, was wir in Bristol von Banksy gesehen haben. Es gibt im „Bristol Museum and Art Gallery“ noch den „Paint Pot Angel“, einige Graffiti aus seiner Dose sollen übersprüht sein, und die wenigen Stencils, die es noch gibt, haben wir nicht gesucht.

See No Evil 2011

Im Stadtzentrum befinden sich viele großartige Murals. Sie stammen von dem größten Street Art Festival dieser Zeit 2011 in UK, das von Inkie, einem Künstler der aus Bristol stammt, organisiert wurde. „See No Evil“. Eingeladen war der aus Los Angeles stammende El Mac, aka Miles MacGregor, „Closed with the sun“.

Aryz und Nick Walker

Das Mural von Nick Walker aus dem Jahr 2011 wurde 2012 im Rahmen des gleichnamigen Festivals von sheOne ergänzt.

See No Evil 2012

Aus diesem Jahr stammen die Arbeiten von Stik, M-City aka Mariusz Waras, Conor Harrington und Pixel Pancho, die in der Stadtmitte noch zu sehen sind.

Ebenfalls in der Stadtmitte sind auch diese Murals zu bewundern. Da ist der aus Bristol stammende Inkie, eine Detailaufnahme (dank ewig parkender Autos) von S.w.a.l.t. mit einem seiner typischen Portraits mit Tiger, eine Unterführung von hazardOne, aka Harriet Wood gestaltet, das Innere einer Garage mit Zeichnungen von Kid Crayon und die Darstellung von „Jimi Hendrix“ von David Blatch.

It´s not ok

Nahe der Bristol Bridge wurde ein ehemaliges Bankgebäude von drei Artists gestaltet. Es geht darum im weitesten Sinne um die MeToo Bewegung. Es soll im hiesigen Szeneviertel ein sichtbares Zeichen für „Women´s Safety Charter“ setzen. 100% befragter Frauen geben an, Opfer von sexuellen Übergriffen geworden zu sein. Diese Untersuchung war Anlass genug für Oli T ein Statement abzugeben: „I am every woman“ schreibt er in großen Lettern und hazardOne prangert mit ihrem Frauenportrait die sexuelle Belästigung an. Auf der Rückseite des Gebäudes schreibt Emily Joy Rich: „If it´s not wanted, it´s not ok“. Der Clou bei dem gesamten Gemälde ist, das es in der Nacht durch seine Farben besonders leuchtet und so auch den „Herren der Schöpfung“ einen Denkanstoß geben sollte.

Leonard Lane

Im Zentrum befindet sich eine kleine Gasse, die über und über mit Graffiti, Tags, Paste ups u.a. übersät ist. Hier kommt eine kleine Auswahl von Funden von Stewy und Kalaa_baar. Leider sind mir einige Artists unbekannt.

Reverse Graffiti

Kleine Fundstücke auf dem Weg durch die Stadt. Die Reverse Technik fasziniert mich im Besonderen. Das zweite Foto zeigt einen kleinen Ausschnitt. Die ganze Fassade wurde sandstrahlverschönert.

Stokes Croft

Diese Gegend im Norden des Zentrums ist ein Paradies für Graffiti-Fans.

Mit dabei ist Stinkfish und Mr. Cenz mit seinem Beitrag zum Gedenken an den Black Lives Matter – Protest am 7.6.2020 in Bristol. Es folgt ein Foto vom Mural von Phlegm und die Zusammenarbeit von Chaleb Hawila mit dem ebenfalls aus Bristol stammenden Cheba. Der Schriftzug von Chaleb bedeutet in etwa: „Das Heilmittel und die Krankheit liegen im Inneren, aber man sieht sie nicht. Und du denkst, du wärst klein wie Staub, aber das ganze Universum ist in dir.“

Das letzte Motiv stammt von Alex Lucas, aka Lucas_antics.

Das Banksy-Bild „The Mild Mild West“ ist übrigens im selben Viertel zu finden.

Auf dem Rückweg ins Zentrum sind wir noch hier vorbei gekommen.

Das obere Bild zeigt u.a. ein Stencil von Incwel. Er schuf es angeblich in der Nacht vor dem diamantenen Thronjubiläum der Queen Elisabeth II. im Jahr 2012. Ursprünglich war es allein auf der Wand und wurde immer wieder von anderen Artists adaptiert oder wie jetzt, ummalt. Es zeigt die Queen wie David Bowie auf seinem Cover „Aladdin Sane“. An selber Stelle soll ursprünglich übrigens ein Stencil von Banksy gewesen sein.

UPFEST

Das UPFEST Street Art Festival in Bristol gibt es schon seit vielen Jahren. Es ist eines der größten europäischen Festivals. (Fast) jedes Jahr werden internationale und regionale Artists eingeladen und schaffen neue Werke. Hierfür wird die eine oder andere Wand manchmal schon nach einem Jahr wieder übermalt. Wir starten im Westen und ich zeige hier eine Auswahl der Fotos, die ich gemacht habe. Es geht im Greville Smyth Park los.

Die North Street gen Osten

In der Reihenfolge des Erscheinens: MMG, aka Mafalda M. Gonçalves und Andrew Burns Colwill beide aus dem Jahr 2022. Ein Stencil von Kalá wie auch das Mural von Hasan Kamil mit einem Portrait von „Don Piper“, hier im Detail, die beide nichts mit dem Festival zu tun haben. Danach kommt die Taube von Irony und Boe aus dem Jahr 2017. „Love me“ von Ant Carver auch von ´22. Es folgt Sophie Mess mit „Wonder“ Irony und Anthroe. In der Greville Road gehts mit „Lement“ von der großartigen Zabou weiter und direkt unten davor TEAone, aka Gavin Renshaw, mit einer italienischen Straßenszene. Es folgen die „Six Sisters“ gestaltet von Bex Glover, Ejits, Gemma Compton, Sophie Long, Zoe Power und Lucas_Antics. Im vierten Haus von links befindet sich die UPFEST Galerie.

Etwas abgelegen in der Greville Road ist ein Mural von Farrah Fortnam zu sehen. Das Stencel von Cartooneros und das Schild von DFTE lagen sozusagen auf dem Weg. Genauso wie die Stencil von Stewy.

Cartooneros

Ebenfalls etwas abseits, aber alleine schon eine Reise wert, ist das Mural von DANK, aka Dan Kitchener in The Nursery. Ein weiteres Mural von DANK habe ich auf der Rückfahrt aus dem fahrenden Bus gemacht. Seht selbst.

Es folgen Fotos von der tollen Arbeit von Caryn Koh „One´s self“ mit gespannten roten Fäden aus dem Jahr 2022 sowie Murals von Aspire, hazardOne (Detail) und Philth. Direkt nebeneinander entstanden ein Mural von Giulio Rosk und eine textile Arbeit von ipheno. Sowas grandioses hab ich wirklich noch nicht gesehen! Das Mural von Liam Bononi trägt den Titel „Religare“. Es folgen David Puck und der in London lebende WOSKerski in der Dean Street.

Es ist deutlich zu merken: Bristol ist eine Reise wert. Auch wenn Banksy nicht der favorisierte Artist ist. Für mich gab es hier ein paar Neuentdeckungen. Es folgt die obligatorische Karte:

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Titel: Zabou